Tag 106 - Vom Beben schwer gezeichnet

Ich dachte, die Umstellung von Südamerika auf Japan könnte ein Schock werden, war sie aber dann doch nicht. Umso krasser ist jetzt die Umstellung auf Nepal, besonders wegen der komplett chaotischen Hauptstadt Kathmandu. Die Luftqualität ist miserabel und zum ersten Mal spiele ich mit dem Gedanken mir eine solche Atemmaske zu holen, die es eigentlich in ganz ansprechenden Designs gibt. Es ist laut, dreckig und ständig wird man von Verkäufern angequatscht. Trotzdem ist es faszinierend: an jeder Ecke ein neuer Eindruck, ein neues Fotomotiv. Selten hab ich irgendwo die Szenen des täglichen Lebens als interessanter wahrgenommen.
Der berühmte Hauptplatz und viele der alten schönen Gebäude sind schwer vom Erdbeben gezeichnet. Zwar geht der Wiederaufbau voran, beschränkt sich aber bei vielen Tempeln erst mal nur auf deren Sicherung. Unterhält man sich mit einem der vielen Volunteers, die beim Wiederaufbau helfen, hat man wenig Hoffnung, dass es bald oder jemals wieder so wird wie früher. Jetzt, wo die gröbsten Spuren beseitigt sind, hat sich ein gewisser Fatalismus eingestellt. Es wird eher gebetet, dass es besser wird als angepackt. 
Die sicherlich notwendigen neuen Bauvorschriften zur Erdbebensicherheit und die große Nachfrage nach Baumaterial und Bauarbeitern haben den Wiederaufbau zudem extrem teuer werden lassen und führen gleichzeitig zu gesichtslosen, hässlichen Gebäuden. Dazu eine korrupte oder unfähige Regierung, die die reichlich vorhandenen Hilfsmittel einbehält oder selbst einsteckt...Ohhh, das Ganze ist ein riesen Schlamassel! Vielleicht hilft da wirklich nur noch beten.
Was macht man an einem Samstagabend in Bhaktapur? Dazu muss man wissen, dass in Nepal der Freitag der Ausgehtag ist, da viele Nepalesen nur einen Tag Wochenende haben und sie sonntags in der Regel arbeiten. Die Antwort war folgerichtig: "Go to bed early." Es gab aber dann doch noch eine Bar und ein paar Locals, die mich an ihren Tisch und später auf das Dach des in Bau befindlichen Guest Houses von einem der Jungs eingeladen haben. Expect the unexpected... Tags davor hatte ich in einem tatsächlich richtigen Club einen Norweger kennen gelernt, der es auf den Gipfel des Everest geschafft hat. Krasser Typ. Zwei Bergsteiger aus der Expedition nach ihm haben das Abenteuer nicht überlebt.

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Kommentare: 1
  • #1

    Der Rheinländer (Montag, 30 Mai 2016 03:46)

    Mir fehlen die Worte...
    KÖLSCH auf dem Dach der Welt!
    Andirekete, hätte nicht gedacht, dass Du Deine Berichte und Bilder immer wieder toppen kannst...
    Aber Du kannst!
    Gönne Dir - und uns - jede Sekunde so sehr!
    Danke, dass Du uns so nah teilhaben lässt!
    Und bei den Berichten u Bildern schicken wir Dich als nächstes auf den Mars!
    Ich freu mich drauf!
    Hau rein
    Andreas